Sehr geehrte Damen und Herren, Liebe Forumsgemeinde!
Ich habe über die langen Jahre seit des Geschehens keine Ruhe gefunden und möchte mich daher mit Fachkräften austauschen, wie zu bewerten ist, was damals geschehen ist. Da Ihre beraterlichen Bemühungen sicherlich nicht umsonst sind, nennen Sie mir bitte zunächt Ihre Kostennote.
Anbei schildere ich schon mal den Hergang.
Bei Kriegsausbrauch trat ich mit einem Schulfreund zusammen als Kriegsfreiwilliger bei einem Jäger-Batl. in Colmar ein. In der Garnison wie im Felde dienten wir bei einer Kompanie. Beheimatet waren wir beide in Coburg.
Bei einem Angriff französischer Soldaten auf den Hartmannsweiler-Kopf in den Vogesen geriet mein Freund in französische Gefangenschaft, in der er sich 5 Jahre befand.
Ich wurde als Soldat nach Ostpreußen verschlagen, wo ich auch verblieb, als ich nach Kriegsende aus der Wehrmacht entlassen wurde. Mit meinem Freund stand ich auch während der Zeit der Kriegsgefangenschaft gelegentlich in Briefwechsel. In Ostpreußen wohnte ich als Zivilist mobliert, denn ich war noch ledig.
Und nun zu meinem Erlebnis:
Am Morgen zwischen 6 und 7 Uhr wurde ich - wie immer - von meiner Logiswirtin geweckt. Durch das Wecken wurde ich aus einem Traum gerissen, bei dem es um meinen sich in Kriegsgefangenschaft befindlichen Schulfreund handelte. Ich träumte:
Es war morgens früh, die Straßen noch leer. Ich sah meinen Freund aus dem Coburger Bahnhof heraustreten, die Bahnhofstraße entlang gehen, dann die Rosenauerstraße, wo sich sein Elternhaus befand. Am Gartentor vor dem Hause, links flankiert durch eine sehr starke Pappel, blieb mein Freund stehen, sah nach seinem Elternhaus und dachte: „Na Hans, wenn Du wüßtest, daß ich nachhause gekommen bin." (Der Hans bin ich)
Meiner Wirtin, die mich aus diesem Traum gerissen hatte, erzählte ich sofort diesen sonderbaren Traum und fügte hinzu, daß ich überzeugt sei, daß mein Freund aus franz. Kriegsgefangenschaft zurückgekehrt sei. Ich werde ihn telegrafisch beglückwünschen.
Davon riet mir jedoch meine Wirtin ab mit der Begründung, ich würde durch eine Telegramm nur seine Mutter in Aufregung versetzen, wenn mein Freund in Wirklichkeit nicht zurückgekehrt sei. Dieser Einwand leuchtete mir ein, aber ich schrieb im Laufe des Vormittags an meinen Freund eine Postkarte und beglückwünschte ihn - auf gut Glück - zu seiner Heimkehr.
Wenige Tage danach hielt ich eine Postkarte meines Freundes aus Coburg in Händen mit der Mitteilung, worin er für die Glückwünsche zu seiner Heimkehr dankte, aber die Frage stellte, woher ich wisse, daß er heimgekehrt sei, denn meine Postkarte sei am gleichen Tage zur Post gegeben, an dem er morgens nachhause gekommen sei.
Ich antwortete ihm hierauf, seine Heimkehr habe ich geträumt.
In seiner Antwort ließ er erkennen, daß er mir den Traum nicht abnehmen könne, er vermute vielmehr, daß ich - in Ostpreußen - einen anderen Kriegsgefangenen getroffen haben könne, der mit die Rückkehr meines Freundes mitgeteilt haben kann.
Ich schrieb ihm hierauf, daß ich seine Heimkehr wirklich geträumt habe, ich käme innerhalb der nächsten 3 Monate nach Coburg in Urlaub, dann würde ich ihm meinen Traum in allen Einzelheiten erzählen. Bis dahin hatte ich die Einzelheiten meines Traumes für mich behalten.
Ende April fuhr ich nach Coburg in Urlaub. Bei unserem ersten Zusammentreffen fragte mich natürlich mein Freund nach meinem Traum. Ich erzählte ihm alle Einzelheiten - wie oben geschildert -, zeigte ihm, wo er vor dem Gartentor stehengeblieben sei und gedacht habe "Na Hans, wenn Du wüßtest, daß ich Nachhause gekommen bin."
Darauf wurde mir spontan die Antwort:
"Das habe ich tatsächlich gedacht. Ich bin morgens mit dem ersten Zug nach Coburg gekommen und zwischen 6 und 7 Uhr morgens nachhause gekommen."
Ich habe mir über dieses Erlebnis oft den Kopf zerbrochen, wie ein derartiger Traum entstehen könne, denn ich hatte bis dahin niemals von meinem Freund geträumt. Kann es sein, daß mein Freund der Sender war und ich geistig auf Empfang geschaltet hatte?
Hochachtungsvoll
Ihr Hans Becker